Der patriotische Ökonom Max Otte landete mit seinen Büchern Der Crash kommt und später mit dem Weltsystemcrash Volltreffer. Beide Bücher erschienen unmittelbar vor großen Turbulenzen an den Finanzmärkten. Auch andere Ökonomen sehen im „Crash“ einen Schlüsselbegriff. So zum Beispiel der Ökonomie-Nobelpreisträger Robert J. Shiller. In seinem Buch über die Narrative Wirtschaft (2019) schreibt er:
„Das Wort Crash wurde schnell mit dem Verfall der Aktienpreise an einem bestimmten Tag in Verbindung gebracht, dem 28. Oktober 1929, zusammen mit dem etwas geringeren Preissturz am 29. Oktober 1929, und man verband ihn untrennbar mit der Weltwirtschaftskrise, die folgte. Crash weckte Assoziationen mit betrunkenen Fahrern oder Rennwagen, die ans Limit gehen und das Crash-Narrativ legt typischerweise nahe, dass eine Periode eines außergewöhnlichen Booms, eines übertriebenen Optimismus und vielleicht sogar leichtsinniges und unmoralisches Verhalten dem Crash vorausging. Das Narrativ menschlicher Dummheit, das durch einen Aktienboom, gefolgt von einem furchtbaren Aktiencrash, ausgedrückt wird, ist heute immer noch so aktuell wie eh und je. (…)
Das Wort Crash wurde vor 1929 normalerweise nicht auf den Aktienmarkt angewendet und die neue Nutzung dieses Begriffs war ein Hinweis auf die neue Perspektive auf den Aktienmarkt, nämlich, dass wirtschaftliches Wachstum in großem Umfang von der Performance des gesamten Aktienmarkts abhängt und die Aktienindizes wie Orakel betrachtet wurden. Die Phrase Boom and Crash war bereits im 19. Jahrhundert beliebt, aber sie wurde meistens auf feuernde Kanonen bezogen, auf Sturmfluten, die die Küste trafen, oder selbst auf die Musik von Richard Wagner. Nach 1929 ging Boom and Crash viral und beschrieb normalerweise den Aktienmarkt. (…)
Auch wenn seit dem Crash von 1929 viel Zeit vergangen ist und eine Menge des Zeitgeistes der 1930er-Jahre verloren ging, hält das Gefühl an, dass die Vereinigten Staaten einen weiteren Börsencrash erlebten könnten. Dieses immerwährende ökonomische Narrativ ist ein bleibendes Erbe von 1929 und trägt vermutlich dazu bei, dass Preisstürze am Ende eines Booms verstärkt werden und das Geschäftsklima schlechter wird.“
Auch wir haben zum „Crash“ eine narrative Langzeitanalyse mit Google Ngram durchgeführt. Das Ergebnis: Im englischen Sprachraum nimmt die Sorge um einen Crash tendenziell immer weiter zu. In Deutschland hingegen (zweite Grafik) nahm diese Sorge nach der Jahrtauendwende (Dotcom-Blase) rapide ab.
Literatur: Robert J. Shiller: Narrative Wirtschaft. Wie Geschichten die Wirtschaft beeinflussen – ein revolutionärer Erklärungsansatz. Kulmbach 2020.