Otto I., geboren am 23. November 912 in Walhausen, gestorben am 7. Mai 973 in Memleben, war deutscher König und Kaiser. Er vollzog quasi die erste deutsche Einigung. Joachim Fernau zählt ihn zu den herausragenden „Genies der Deutschen“.
Seine Begründung dafür lautet:
„Stellen wir uns vor: Unter Ottos Vater, Heinrich I., war Deutschland nichts als ein loses ‚Commonwealth‘ und nie etwas anderes gewesen. Daß es einen König gab, war ausschließlich eine freundliche Abmachung von fünf Leuten gewesen, den Herzögen von Sachsen, Franken, Lothringen, Schwaben und Bayern. Die Herzöge hatten keinen Schimmer von einem ‚Nationalstaat‘, für sie war es so eine Art Konsumgenossenschaft. Das war nicht böser Wille, das war das Fehlen eines Begriffes. Für die Bevölkerung vollends hörte die Welt jenseits des Stammes auf. Dort konnte man sich gar keine Interessen vorstellen. Dort saßen Fremde. Auch der König war ein ‚Fremder‘. Mit dem eigenen Herzog aber war es etwas anderes, er kam aus dem Volksstamm, er war der ‚Angestammte‘. Die Vorstellung, daß ein Sachse daherkam und einen Herzog ‚absetzte‘, war unerhört und zwang nun auch den einfachen Mann in Bayern, seine Gedanken neu zu ordnen und sich den König irgendwie anders vorzustellen.“
Otto I. gelang es die deutschen Lande zu einen, indem er Herzöge und Bischöfe wie Beamte einsetzte, illustriert Fernau. „Er tut das aus tausend Kilometer Entfernung! Alle Schranken sind gefallen, eine Schicksalsgemeinschaft ist da! Im Herzen des Abendlandes ist ein ‚Staat‘ entstanden, der erste seit langen, langen Jahren. Die klügsten Köpfe dieser Zeit sehen: Dieser Vorsprung der Deutschen ist zunächst nicht mehr einzuholen.“
Fernau rechnet es nun Otto I. hoch an, daß er trotzdem nicht zum Imperialisten wurde. „Frankreich ist offen bis zu den Pyrenäen. Es liegt vor ihm, er braucht bloß zuzupacken!“ Doch Otto I. sah Deutschland – ähnlich wie später Bismarck – als „saturiert“ an.
Zu seinen größten militärischen Erfolgen zählt die Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg im Jahr 955, als er die Ungarn besiegte. Otto I. hatte damit das „Format eines Napoleons“ erreicht und eine „unerhörte Tapferkeit“ als Feldherr bewiesen, urteilt Fernau.
Ab 962 war Otto I. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Auch das „alte, politisch hoffnungslos kranke, aber reiche“ Italien bezwang er und sorgte dafür, daß „Kultur und Zivilisation“ nach Norden strömen konnte. Deutschland, dieses „vor kurzem noch waldwogende, amusische, ziellose Land, bekommt ein Gesicht! Die Romanik entsteht. Ein Stil wächst heraus. Die bahnbrechenden Bauten in Quedlinburg und Magdeburg sind Ottos Befehle. Überall findet man Spuren seines direkten Auftrags“, faßt Joachim Fernau Ottos außergewöhnliche Leistung zusammen.
Hauptquelle: Joachim Fernau: Die Genies der Deutschen. 5. Aufl., München 1972. S. 43-65
Gegenwartsbezug
Seit 2005 wird in Magdeburg der Kaiser-Otto-Preis verliehen. 2011 erhielt ihn Angela Merkel (CDU) für ihre Bemühungen um die „Stabilität der Europäischen Union“. Von der Kulturstiftung Kaiser Otto wird die deutsche Einheit von 1989 zu einer Vorstufe der zentralistischen EU degradiert.