Die „Herrschaft des Verdachts“ hat – ebenso wie die Kontaktschuld – ihre erste Ausprägung nach 1945 in der McCarthy-Ära in den USA erfahren. „Das – einem korrekten due process of law widersprechende – Regelwerk des McCarthyismus ersetzte den rechtsstaatlich gebotenen Blick auf die ganze Person, ihre Handlungen, ihre Publikationen, durch die tatbestandslose Zurechnung einer vorgeblichen Gesinnungsverfehlung“, erinnerten die linken „Blätter für deutsche und internationale Politik“ 1998 an die Willkür der antikommunistischen McCarthy-Prozesse.

Nun sind es die Linken und Liberalen selbst, die Patrioten und Konservative beim bloßen Verdacht in das strafende Licht der Öffentlichkeit zerren. Unterstützt werden sie dabei von den Altparteien und Mainstream-Medien. Rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung oder der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ gelten aus deren Sicht dann oft nicht mehr, wenn es vermeintliche moralisch höherstehende, eigene Werte zu verteidigen gilt.

Auch bei Entlastung fatale Folgen

Plötzlich werden etwa AfD-Politikern Deportationspläne vorgeworfen, obwohl keinerlei handfeste Beweise vorliegen. Unter den schwammigen Vorwürfen der „Hassrede“ und der „Hetze“ werden die Autoren unerwünschter Kritik unter den Verdacht des Rechtsextremismus gestellt. Werden die Vorwürfe öffentlich, leiden die Betroffenen unter Umständen unter dem Jobverlust, sozialer Ächtung und massiver Kreditschädigung. Auch bei erfolgreicher Entlastung ändert sich an diesen fatalen Folgen der „Herrschaft des Verdachts“ oft kaum etwas.

Der Maßnahmenplan „Rechtsextremismus erfolgreich bekämpfen – Instrumente der wehrhaften Demokratie nutzen“ von SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser sieht auch weitreichende Überwachung von Finanztransaktionen und einen noch leichteren Zugriff des Staates auf persönliche Daten bei verdächtigen Andersdenkenden mit „Gefährdungspotenzial“ vor. Auch hier gilt die „Herrschaft des Verdachts.“

Fest steht: In einem Rechtsstaat darf es so etwas nicht geben. Nur politisch unabhängige Gerichte können über die Zulässigkeit eines rechtlich relevanten Vorwurfs entscheiden.