Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) gilt vielen wahrscheinlich als der größte deutsche Dichter und Denker aller Zeiten. Trotzdem ist er nur noch in wenigen Bundesländern Pflichtlektüre. Auch an den deutschen Theatern werden Goethe-Stücke immer seltener aufgeführt und wenn, dann häufig ist völlig entstellender Form.

Diesen Niedergang noch nicht ahnen könnend, schrieb Joachim Fernau über Goethe in seinen Genies der Deutschen: „Als Goethe starb, hatte er ein völlig neues Bild des Deutschen geschaffen. (…) Obwohl anzunehmen ist, daß er die materialistische Entwicklung des 19. Jahrhunderts, von der ein Vierteljahrhundert noch in sein Leben fiel, nicht überblickte, wehrte sich in ihm alles dagegen. Sein ganzes Leben war ein einziger Versuch, gegen den drohenden Verlust seelischen Reichtums und seelischer Dämonie den Übereinklang menschlichen disharmonischen Daseins mit den ewigen harmonischen Lebensgesetzen der Natur, den ‚Ur-Phänomenen‘, zu finden. (…) Seine Gesetze für Schönheit und seine Maßstäbe für menschliches Glücksgefühl gelten heute noch, und es hat den Anschein, als würden sie ausreichen bis ans Ende der abendländischen Kultur. So sehr sind sie der Seele des Menschen gemäß.“