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Die Deutschen begannen sich mit Stolz als Kulturnation zu begreifen, weil ihnen lange der Staat fehlte. Die Kulturnation ist daher ein staatsferner und unpolitischer Begriff. Mit ihm läßt sich die Tendenz zur Ideologisierung der Kultur kritisieren.

Der Schriftsteller Richard Wagner betont: Die Kulturnation „dient in Notsituationen dazu, die Differenzen zu entschärfen. Mit der Kulturnation werden Gräben überbrückt, die politisch nicht zu überschreiten wären“. Zugleich unterstreicht er: „Eine Nation muss die Fähigkeit besitzen, die Bedingungen der Zugehörigkeit zu formulieren. Diese aber gehen über den verfassungsrechtlichen Aspekt hinaus und sind kulturell zu verstehen.“

Der promovierte Historiker Martin Grosch schlägt in seinem Buch Sezessionen (2024) folgende Definition für die Kulturnation vor: „Eine Kulturnation verfügte zunächst häufig über keinen eigenen Staat (siehe die Beispiele Deutschland und Italien im 19. Jahrhundert), definierte sich daher zwangsläufig zunächst über eine gemeinsame Sprache und Kultur und gründete meist erst im 19. oder 20. Jahrhundert einen eigenen Staat. Dies geschah teils durch Loslösung von bestehenden Staaten (z.B. Griechenland, Serbien, Bulgarien, Albanien, Polen, die baltischen Staaten u.a.), teils aber auch durch Zusammenschluss von Staaten (Deutsches Reich, Italien). Hier dominieren als konstituierende Merkmale einer Nation die gemeinsame Sprache, Abstammung, Kultur und Geschichte.“