Ludwig van Beethoven (1770-1827) war ein Komponist der Klassik und Romantik. Joachim Fernau schreibt über ihn in seinem Buch Die Genies der Deutschen:

„Noch nie zuvor war das menschliche Leid als das wahrhaft Titanische, das Ungeheure unseres irdischen Lebens mit Glanz umgeben worden, noch nie war die Qual des einzelnen als Sprecher aller Menschen seines Volkes empfunden worden, nie zuvor, trotz Dreißigjährigem Krieg, Pest und Hungersnöten, war die Zeit reif gewesen für die jähe Erkenntnis unserer irdischen Verlassenheit und unseres Angewiesenseins auf das tiefe, schweigende, erschütterte Mitgefühl. Noch nie zuvor hatte man einem Menschen erlaubt, seine persönliche Verzweiflung im Namen aller laut werden zu lassen, ja sogar mit Trotz und Starrsinn und dafür um so erschütternder zu verkünden. Von Beethoven ab stößt man in der Geschichte unseres Lebens auf Schritt und Tritt auf dieses neue Bewußtsein im Menschen. (…)

Und wenn Beethoven in seiner 9. Sinfonie das ‚Freude, schöner Götterfunken …‘ singen läßt, so ist es in Wahrheit kein Schillerscher Jubel und kein ‚Aufbrausen‘, sondern ein Heraufstampfen voll Leiderfahrung und erhabenem Trotz. (…)

Beethovens Musik hat ja nicht deshalb allein die ungeheure Wirkung, weil sie musik-ästhetisch so vollendet ist. Das ist sie außerdem, und zwar in einem Maße, daß nach der Romantik sämtliche Komponisten den vergeblichen Versuch einer Steigerung oder Fortführung abbrechen und noch einmal bei Bach und Händel beginnen! Beethovens Musik hat eine ganz neue Seite unserer seelischen Kraft, unseres Reichtums aufgedeckt, dieselbe, die lange vor ihm für die Niederlande Rembrandt und für England Shakespeare (dem er sich mit Recht verwandt fühlte!) entdeckten: Ihr braucht nicht nur stolz auf euer Menschentum zu sein, wenn ihr (wie Dürer) Grund dazu zu haben glaubt – wenn es euch ‚gut geht‘. Ihr könnt auch dort darauf stolz sein und wie ein Gigant durchs Leben gehen, wo ihr früher geweint habt! Nie würden wir das von einem Theoretiker angenommen haben. Dazu gehört der ans Kreuz geschlagene Beethoven!“