Matthias Politycki, geboren am 20. Mai 1955 in Karlsruhe, zählt zu den vielseitigsten deutschen Schriftstellern der Gegenwart. Hervorzuheben ist sein Tansania-Roman Das kann uns keiner nehmen (2020). Darüber hinaus hat Politycki über seine Leidenschaft des Marathon-Laufens geschrieben und im Jahr 2021 einen vielbeachteten Abschied von Deutschland verkündet.1https://www.matthias-politycki.de/matthias-politycki/
Wikipedia-Korrektur
Laut eigener Auskunft gegenüber Recherche D ist Politycki mit seinem Wikipedia-Beitrag „sehr einverstanden“. Es besteht daher keine Notwendigkeit, ihn zu korrigieren, sehr wohl aber ihn zu ergänzen.
Essay: Mein Abschied von Deutschland
In der FAZ verkündete Politycki 2021 seinen „Abschied von Deutschland“ und zog nach Wien. 2022 erschien Mein Abschied von Deutschland bei Hoffmann und Campe in Buchform. Politycki betont darin: „Ich verstehe jeden, der sich in die innere Emigration zurückzieht oder schweigt.“ Der Hauptgrund dafür sind die Einschränkungen des freien Denkens in Deutschland. Vor allem zeigten sich diese Einschränkungen in einer „Selbstzensur“. Diese sei „die effektivste und schlimmste aller Zensurformen“. Dem entgegen setzt Politycki das Ideal des „wilden Denkens“: „Wildes Denken heißt gelebte Dialektik, heißt Widerständigkeit gegen alles, was als Gesinnung zu Gefolgschaft nötigen will.“
Die Nötigung zur Gefolgschaft übernehme heute hauptsächlich die sogenannte „Zivilgesellschaft“. Mit ihr geht Politycki hart ins Gericht: Wer „die von der Zivilgesellschaft ausgerufene(n) Ziele und Aktivitäten skeptisch“ beurteile oder sich ihnen widersetze, werde „intuitiv als ‚außerhalb der Zivilgesellschaft stehend‘, als ‚unzivilisiert'“ bzw. im schlimmsten Fall sogar als „Barbar“ eingeordnet. Gerade Schriftsteller dürften sich den Sprachregeln jedoch nicht unterwerfen. Denn, so Politycki: „Mir fällt kein einziger Autor vergangener Zeiten ein, der die neuen Reinheitsgebote ohne Abstriche erfüllen würde.“
Politycki zeigt sich in dem Essay nicht nur als Verteidiger der Meinungsfreiheit. Gegen Ende klingt er fast so wie Oswald Spengler (Untergang des Abendlandes), wenn er schreibt: „Wir scheinen am Ende eines historischen Zyklus angelangt zu sein, wo Kulturen zerfallen, um etwas Neuem Platz zu machen. Unsre Gesellschaft ist mental alt geworden, sie ist nicht mehr hungrig auf Zukunft – als Gesellschaft, wohlgemerkt.“
(Bild: Matthias Politycki, © Mathias Bothor/photoselection | www.bothor.com)