Jörg Guido Hülsmann, geboren 1996, ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der französischen Universität Angers und „Senior Fellow“ am Ludwig von Mises Institute. Beachtenswert sind seine Arbeiten zur Inflation, zur Ethik der Geldproduktion und zur Unentgeltlichkeit.
Biographie
Der Lebenslauf von Hülsmann wird auf Wikipedia sachlich korrekt und nüchtern referiert:
„Hülsmann wurde in Nordrhein-Westfalen geboren und studierte zunächst Philosophie an der Freien Universität Berlin, anschließend Ingenieurs- und Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Universität Berlin, womit er 1992 abschloss. An der École supérieure de commerce de Toulouse studierte er von 1991 bis Juni 1992 Finanzwissenschaft, Marketing und Management. 1996 wurde er von der TU Berlin in Wirtschaftswissenschaften promoviert. 1999 erhielt er von der Universität Paris-Dauphine die Habilitation à diriger des recherches, 2004 die Agrégation de l’enseignement supérieur.
1997/98 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Paris-Assas. Ab 1998 war er an der University at Buffalo, New York tätig. Seit 2004 ist er Lehrstuhlinhaber für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Angers.
2000 wurde er vom Ludwig von Mises Institute in Auburn (Alabama) zum Research Fellow, 2004 zum Senior Fellow ernannt. Er ist Mitglied des akademischen Beirats des Liberalen Instituts in Zürich. Neben seiner regelmäßigen Autorenschaft für die Zeitschrift eigentümlich frei ist er Mitglied des Redaktionsbeirats.[2] Er ist Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste.“
Positionen
In Recherche D, Heft 1 (vergriffen), betonte Florian Müller zu den Vorzügen der Geldtheorie von Jörg Guido Hülsmann:
„Einer der bekanntesten deutschen Ökonomen der „Wiener Schule“, Jörg Guido Hülsmann, stellt sich ebenfalls gegen das Währungsmonopol der Zentralbanken. Hülsmann greift Hayeks Ansatz der „Denationalisierung“ in seinem Hauptwerk Logik der Währungskonkurrenz auf, stellt sich allerdings radikal gegen inflationäre Tendenzen, die unter Hayeks System nicht ausgeschlossen wären. Für Hülsmann müsse sichergestellt werden, daß auch die Privatbanken ihre ausgegebenen Währungen zu 100 Prozent mit Edelmetallen oder „echten Werten“ decken.“
In Recherche D, Heft 9 (Mai 2020), beschäftigte sich Felix Menzel mit der Frage, ob eine Deflation – koste es, was es wolle – verhindert werden sollte. Hülsmann beantwortete diese Frage mit „Nein“.
„Seine Argumentation: Eine Deflation geht nur bei chronisch und übermäßig überschuldeten Unternehmen tödlich aus. Finanziell gesund aufgestellte Unternehmen können einen Rückgang der Preise dagegen verkraften. Das tatsächliche Hauptproblem ist damit nicht mehr die Optimierung der Inflationsrate, sondern die weltweiten Schulden in Höhe von aktuell 244 Billionen Dollar.
Nehmen wir rein hypothetisch an, eine Regierung oder Notenbank würde sich dazu entschließen, hier auf die Bremse zu treten. Was wären die unmittelbaren Folgen? Um dies beurteilen zu können, bietet sich ein Blick in die Geschichte an. Eine deflationäre Konsolidierung wird in Deutschland vor allem abgelehnt, weil Reichskanzler Heinrich Brüning (Zentrumspartei) Anfang der 1930er-Jahre diesen Kurs einschlug und somit sehr einfach suggeriert werden kann, Deflation bringe womöglich einen neuen Hitler hervor.
Hülsmann weist in dem Buch Krise der Inflationskultur (2013) allerdings darauf hin, daß Robespierre „seine Schlächtereien unter einer galoppierenden Inflation“ begann. Außerdem werde die tatsächliche Situation der europäischen und deutschen Wirtschaft um das Jahr 1932 verzerrt dargestellt.
Richtig ist: Brüning nahm mit seiner Politik vorübergehend eine höhere Arbeitslosigkeit in Kauf, um einen Ausweg aus der Schuldenwirtschaft zu finden. Falsch ist aber, daß dies zu Hitler führte. „Die deutsche Wirtschaft befand sich im zweiten Halbjahr 1932 bereits wieder in einem leichten Aufschwung, und die nächsten Reichstagswahlen standen erst 1934 an“, doziert Hülsmann, der im Protektionismus der USA die eigentliche Ursache der damaligen Lähmung der Weltwirtschaft sieht. Deutschland habe sich davon übrigens im Gegensatz zu anderen Staaten „relativ schnell und relativ gut“ erholt.“
In Recherche D, Heft 21 (März 2024), wurde Hülsmann interviewt. Thema war sein Buch Die Wirtschaft und das Unentgeltliche. Auf die Frage, welche Probleme er sieht, wenn Staaten Leistungen kostenlos zur Verfügung stellen, antwortete er:
„Unentgeltlichkeit setzt voraus, dass menschliche Ansprüche und Verpflichtungen irgendwelche Grenzen haben. Wenn ich einen Anspruch auf schönes Wetter hätte, dann wäre ein sonniger Tag für mich kein unentgeltliches Gut, sondern nur die Erfüllung meines guten Rechtes. Wenn ich für ein Bier bezahle, schenkt mir der Wirt nicht kostenlos ein. Güter können nur dann unentgeltlich sein, wenn für die Empfänger kein Anspruch auf sie besteht bzw. wenn derjenige, der sie anderen unentgeltlich verschafft, dazu nicht verpflichtet ist. Unentgeltlichkeit geht immer über solche Ansprüche und Verpflichtungen hinaus, und ein jedes Hinausgehen setzt dementsprechende Grenzen voraus. Privateigentum ist aber die wohl wichtigste Institution, durch die Ansprüche und Verpflichtungen begrenzt werden. Dort, wo es kein privates Eigentum gibt, wo ich alles verlangen und zu allem verpflichtet bin, kann es auch keine unentgeltlichen Güter und Dienste geben. Alles, was ich jemals erhielte, würde mir dann von vorneherein rechtmäßig zugestanden haben.
An und für sich ist es durchaus gut, wenn Bürger per Abstimmung darüber entscheiden, anderen bestimmte Güter kostenlos zur Verfügung zu stellen. Solche Entscheidungen werden auf jeder Eigentümerversammlung in Mehrparteienhäusern und Aktiengesellschaften getroffen. Das Problem mit der staatlichen Demokratie besteht nicht darin, dass sie demokratisch, sondern dass sie staatlich ist. Es ist eine Zwangsdemokratie, die niemand gewählt hat und aus der man sich auch nicht befreien kann, außer man wählt die Emigration oder ein Leben als Penner oder Krimineller. Wenn der Zwang ins Spiel kommt, färbt das nicht nur auf die Demokratie, sondern eben auch auf die Unentgeltlichkeit ab. Staatliche Subventionen an Arbeitslose oder Unternehmen sind eben nicht Ausdruck liebevoller Solidarität, sondern Zwangszahlungen, die dem Steuerzahler unter stillschweigenden (und manchmal auch ausdrücklichen) Drohungen abgenötigt werden. In meinem Buch lege ich dar, welche weiteren Folgen sich daraus ergeben.“
Veröffentlichungen (Auszug)
2023: Die Wirtschaft und das Unentgeltliche. Kostenlose Güter zwischen Kapitalismus und Staat
2013: Krise der Inflationskultur. Geld, Finanzen und Staat in Zeiten der kollektiven Korruption
1996: Die Logik der Währungskonkurrenz
Wikipedia-Korrektur
Der Wikipedia-Beitrag über Hülsmann ist inhaltlich in Ordnung. Seine Positionen werden allerdings sehr verkürzt dargestellt. Wir haben aus diesem Grund Ergänzungen vorgenommen und weiterführende Links zur Verfügung gestellt.