Welche Konsequenzen muß das Hochsteuerland Deutschland ziehen, um im internationalen Wettbewerb gegenüber Singapur, Monaco und eben auch Dubai nicht unterzugehen? Diese Frage stellt Titus Gebel und bietet als Lösung „freie Privatstädte“ an. Gebel argumentiert dabei sowohl historisch mit den freien deutschen Reichs- und Hansestädten (z.B. Lübeck), aber auch realpolitisch.
Über die Vorzüge von Dubai schreibt er: „Trotzdem ist Dubai für Zuwanderer hochattraktiv und erfolgreich, zudem Sitz vieler international tätiger Unternehmen. Dies ist möglich, weil Dubai Rahmenbedingungen geschaffen hat, die insbesondere für Unternehmen, aber auch für deren Arbeitnehmer attraktiv sind. So gibt es garantierte Steuerfreiheit für 50 Jahre, Investitionsschutzgarantien sowie maßgeschneiderte Sonderwirtschaftszonen für verschiedene Industrien. (…) Die Einwanderung ist streng reglementiert, auch die Aufnahme von Flüchtlingen wird grundsätzlich abgelehnt. Wer seine Arbeitsstelle verliert, muss das Land wieder verlassen.“
Klingt gar nicht so übel, oder? Kolja Zydatiss und Mark Feldon halten in ihrem Buch Interregnum (2024) dagegen: „Wenn Singapur harmonisches Feng Shui verkörpert, atmet Dubai eine neureiche Bling-Bling-Attitüde. Wenn Singapur nach Sigmund Freud in der peniblen analen Phase verharrt, so stecken die Einwohner Dubais – zumindest die ‚Gewinner‘ dieser sehr ungleichen Gesellschaft – in der noch primitiveren oralen Phase fest, dekadent und auf unmittelbare Bedürfnisbefriedigung fixiert. Wenn Singapur (ähnlich wie Polen unter der PiS) beweist, dass Länder zum näheren Orbit der westlichen Welt gehören können, selbst wenn sie ausdrücklich nicht liberal und vielleicht noch nicht einmal Demokratien sind, so offenbart Dubai etwas viel Furchtbareres. Und zwar, dass zahlreiche westliche ‚Expatriates‘ (die in Dubai eine viel wichtigere Rolle spielen als in Singapur) bereit sind, es sich in der Gesellschaft bequem zu machen, deren absolutistische Erbherrschaft und grausames Scharia-Recht an das europäische Mittelalter und deren Sklavenhalterwirtschaft an das alte Rom erinnern. Zumindest, wenn man für die Expatriates luxuriöse Enklaven baut, mit eigenen, liberaleren Regeln und Versatzstücken einer ‚westlichen‘ Lebensweise wie Bars und Nachtclubs.“
Quellen:
Titus Gebel: Freie Privatstädte. Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt. 3. akt. und erweiterte Auflage von 2023.
Kolja Zydatiss/Mark Feldon: Interregnum. Was kommt nach der liberalen Demokratie? München 2024. S. 240f