Der Rohstoffriese Indonesien ist die größte Volkswirtschaft Südostasiens. In Indonesien wächst das Mißtrauen gegenüber der Europäischen Union immer mehr. Der Vorwurf: Europa bevormunde Indonesien mit einer unerträglichen Hypermoral. Stein des Anstoßes ist eine EU-Verordnung zur Palmölproduktion. Dazu die WELT: „Indonesien ist der größte Palmölproduzent der Welt. Für die Herstellung werden Regenwälder vor allem auf Borneo geopfert, Palmöl gilt als Klimakiller. Bisher war die EU der drittgrößte Abnehmer von indonesischem Palmöl. Im vergangenen Jahr kündigte Brüssel jedoch an, das Öl nur noch importieren zu wollen, wenn es ohne Entwaldung produziert wurde. Die komplexen Vorgaben der Verordnung sorgen für Ärger in Indonesien. Viele der Kleinbauern, die die Palmölproduktion im Land dominieren, können diese nicht erfüllen.“
Aufgrund dieser Streitigkeiten tritt Indonesien bei den Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen mit der EU auf die Bremse und bevorzugt China als Handelspartner. Die EU schielt indes vor allem auf das Nickelerz aus Südostasien. „Indonesien verfügt über einen erheblichen Teil der weltweiten Reserven an dem Rohstoff. Ihn braucht insbesondere das Auto-Land Deutschland für E-Auto-Batterien und somit für seine Energiewende. Doch 2020 verhängte Indonesien ein Ausfuhrverbot für unverarbeitetes Nickelerz“, berichtet die WELT.
Die Begründung des im Februar neu gewählten Präsidenten, Prabowo Subianto, lautet: „Zu lange haben wir unsere Rohstoffe unverarbeitet zu Billigpreisen exportiert (…) Wenn wir sie künftig selbst verarbeiten, werden wir ein zweistelliges Wirtschaftswachstum erreichen.“
Die Entstehung des unabhängigen Indonesiens und die Geschichte des Landes sind untrennbar mit der Rohstoffproblematik verbunden: Vor allem auf die Rohstoffe Indonesiens hatte es die ehemalige Kolonialmacht der Niederlande abgesehen. 1941 spielte Indonesien dann eine Schlüsselrolle im Zweiten Weltkrieg. Japan griff die Inseln an, um weiterhin an Öl herankommen zu können, nachdem die USA ein Embargo verhängt hatten. Japan bezog bis dahin die Hälfte seines Öls aus den USA und ein Viertel aus „Niederländisch-Indien“. David Van Reybrouck führt dazu aus: „Weit weniger bekannt ist, dass schon eine Stunde vor dem Angriff auf Pearl Harbor japanische Truppen an der Ostküste der Malaiischen Halbinsel landeten und japanische Flugzeuge Singapur bombardierten. Um an das Erdöl Niederländisch-Indiens heranzukommen, musste nämlich außer den Vereinigten Staaten auch Großbritannien, die andere Großmacht in der Region, handlungsunfähig gemacht werden.“ Direkt im Anschluß an den Zweiten Weltkrieg kämpfte Indonesien insgesamt noch vier Jahre um die eigene Unabhängigkeit: gegen die Niederlande, die das Ende des Kolonialismus nicht akzeptieren wollten, aber auch gegen andere Großmächte, die sich einmischten.
Quelle: David Van Reybrouck: Revolusi. Indonesien und die Entstehung der modernen Welt. Berlin 2022.