Konrad Lorenz (1903-1989) zählt nicht nur zu den 100 wichtigsten Persönlichkeiten im deutschsprachigen Raum. Auch daß er den Medizin-Nobelpreis 1973 erhielt, ist für uns nur eine – wenn auch schöne – Randnotiz. Vor allem ist er aber einer der herausragenden Vordenker des konservativ-ökologischen Standpunktes, mit dem wir uns in Recherche D, Heft 7, ausführlich beschäftigt haben. Auf Lorenz berufen sich zahlreiche Konservative und Rechte der Gegenwart.
Der berühmte Verhaltensforscher Konrad Lorenz definierte 1973 Die acht Todsünden der zivilisierten Menschheit, die seiner Meinung nach zu einem »Untergang« führen könnten. An erster Stelle nennt er die Übervölkerung, danach die »Verwüstung des Lebensraums«, den technologischen Fortschrittseifer, die Verweichlichung, »viele Infantilismen«, das »Abreißen der Tradition«, eine »Zunahme der Indoktrinierbarkeit« und zu guter Letzt Kernwaffen.
Es fällt auf: Heutige Modethemen wie der Klimawandel spielten keine prägende Rolle. Weitsichtig erkannte Lorenz dagegen, daß die rasante weltweite Bevölkerungszunahme größte Aufmerksamkeit genießen sollte. Mit diesem Problem korrespondiert der übermäßige Flächenverbrauch des Menschen. Selbst in demographisch schrumpfenden Gesellschaften wie der deutschen nimmt dieser weiter zu. Seit 1992 dehnte sich die Siedlungs- und Verkehrsfläche von 40.305 auf 52.074 Quadratkilometer aus. Das ist ein Anstieg um rund 30 Prozent.
Zugleich wächst der Leerstand in den Dorfkernen nahezu überall, da die Menschen in die Großstädte ziehen oder sich auf der grünen Wiese in neuen Wohngebieten am Dorfrand ansiedeln. Auch ökonomisch ist die Landflucht bedenklich, da sie Immobilien und Infrastruktur entwertet, während in den Ballungsgebieten der Wohnraum für die Mittelschicht kaum noch zu bezahlen ist.
Da Deutschland selbst mit keiner Überbevölkerung zu kämpfen hat, ist der Kampf gegen den übermäßigen Flächenverbrauch als bedeutendstes Handlungsfeld der Umweltpolitik hervorzuheben. Das würde aber bedeuten, sowohl den derzeit mehrheitlich grün wählenden Single-Großstädtern als auch jenen Gutverdienern, die sich ein neues Häuschen am Stadtrand oder im Grünen leisten können, auf die Füße treten zu müssen.
Neben den Wohnverhältnissen wird die »Verwüstung des Lebensraums« natürlich auch in Shoppingtempeln sichtbar. Zu hinterfragen ist zudem, ob die Verspargelung der Landschaft mit Windindustrieanlagen wirklich „grün“ ist oder eben auch unter dieses von Lorenz benannte Phänomen fällt.
Die wissenschaftliche Leistung von Konrad Lorenz faßte die rechtsintellektuelle Zeitschrift Sezession im Jahr 2009 so zusammen:
„Wissenschaftshistorisch war eine wesentliche Leistung von Lorenz, daß er die Tierbeobachtungen zeitgenössischer Zoologen weiter- und zusammengeführt hatte. Dabei entwickelte er eine physiologische Instinkttheorie, die es ihm ermöglichte, das Verhalten unterschiedlicher Tierarten zu vergleichen und daraufhin zu befragen, ob und welche Verhaltensweisen auf angeborenen, also vererblichen Dispositionen beruhten. Lorenz übertrug damit einen in der vergleichenden Anatomie geläufigen Zugriff auf den »psychologischen« Bereich. Gegen die seinerzeit dominierende Annahme, die komplexen Verhaltensabläufe der Tiere wären reizgesteuert, also rein reaktiv etwa an Umwelteinflüssen ausgerichtet, kam Lorenz zum Ergebnis, daß es angeborene Verhaltensweisen gab, die dem einzelnen Tier schon vor dem ersten Gebrauch komplett ausgebildet zur Verfügung standen. Solche Verhaltenssequenzen werden nach Lorenz durch spezifische, in der Wahrnehmungsfähigkeit genetisch verankerte Schlüsselreize ausgelöst und über nervöse Schaltungen zu sinnvollen Abläufen mit funktionalem Abschluß koordiniert.“