Weil in Deutschland über Geopolitik vor allem in den 1920er- bis 1940er-Jahren nachgedacht wurde, handelt es sich um einen verpönten Begriff. Die Konjunktur dieses Begriffs in jenen Jahren lässt sich über Google Ngram (siehe erste Grafik) nachverfolgen.
In den letzten Jahren wurde wieder vermehrt über Geopolitik gesprochen, als der Krieg zwischen Rußland und der Ukraine begann. Das haben wir mit Hilfe von Google Trends analysiert (siehe zweite Grafik).
Die Meinung, daß es schlichtweg notwendig ist, eine Balance zwischen geopolitischen Interessen und geoökonomischen Zielen (Globalisierung) auszutarieren, setzt sich spätestens seit dem Beginn des Ukraine-Krieges durch. Unter anderem wirbt der Politikprofessor Herfried Münkler, übrigens ein SPD-Mitglied, für eine Normalisierung des Begriffs „Geopolitik“. In der FAZ erklärte er am 19. September 2024, Europa müsse sich entscheiden zwischen der „Dominanz des Maritimen“ und der „Dominanz des Tellurischen“. Der globale Westen wolle Seemacht sein. Eurasien stehe für eine starke Landmacht. Die Frage sei nun: „Wird es den ‚Westen‘ weiterhin geben, auch wenn sich die USA auf den indopazifischen Raum konzentrieren? Oder wird Europa politisch ein ‚Vorgebirge Asiens‘ werden, wie Paul Valéry es genannt hat.“
Münkler konstatiert: „Die Deutschen haben solche Fragen lange von sich ferngehalten, indem sie die Zukunft als eine der globalisierten Wirtschaft ansahen. In ihr sollten politische Zugehörigkeit wie ökonomische Abhängigkeit keine Rolle mehr spielen.“ Diese Annahmen haben sich mittlerweile als naiv erwiesen. Die Utopie des Globalismus befindet sich im Niedergang. Damit beginnt die Rückkehr der Geopolitik.
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