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Hans-Joachim Maaz, geboren 1943, ist Psychiater und Psychoanalytiker. Als Autor hat er sich vor allem der Angstgesellschaft und der frühkindlichen, elterlichen Erziehung gewidmet. Von 1980 bis 2008 war er Chefarzt der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik im Diakoniewerk Halle. Als er den MIND AWARD 2020/21 erhielt, wurde dies damit begründet, daß er bereits zu DDR-Zeiten „regimekritisch“ war und diesem Ideal auch nach der Wende treu geblieben sei.1https://www.ww-kurier.de/artikel/122744-dr–hans-joachim-maaz-erhaelt–mind-award-2020-21—-sonderpreis-fuer-psychiater-und-autor Er leitet die Stiftung Beziehungskultur.2https://www.frank-timme.de/de/programm/produkt/friedensfahigkeit-und-kriegslust

Biographie

„Mit den schrecklichen Erfahrungen eines Kriegskindes – geboren im hochgiftigen Energiefeld der Schlacht um Stalingrad –, belastet mit den Schrecken der Vertreibung aus der sudetendeutschen Heimat und ganz persönlich auch frühtraumatisiert durch die reale Not und Verstörung der Eltern, haben sich der Wunsch nach Frieden und die prinzipielle Einstellung ‚Nie wieder Krieg‘ fest in meinem Seelenleben verankert“, schildert Maaz seine Kindheitserinnerungen in dem Buch Friedensfähigkeit und Kriegslust von 2023.

Nach der Vertreibung wuchs Maaz in Sebnitz (Sächsische Schweiz) auf. Von 1962 bis 1968 studierte er an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Humanmedizin.3http://www.choriner-institut.de/Maaz/ Zu seiner Berufsmotivation, Therapeut zu werden, betont Maaz: „Ich wollte durch Viellesen, durch Studium und Beruf verstehen lernen, welche gesellschaftlichen Verhältnisse Menschen krank machen können und schließlich in den Krieg führen. Und ebenso andersherum: wie psychosozial entfremdete Menschen eine kranke Gesellschaft (Normopathie) ausgestalten.“4Friedensfähigkeit und Kriegslust, S. 7 Unter „Normopathie“ versteht Maaz, wenn sich „die Bevölkerungsmehrheit an eine Fehlentwicklung anpasst, ohne deren soziopathischen Charakter zu erkennen“.

2012 veröffentlichte Maaz das Buch Die narzisstische Gesellschaft. Das Buch erreichte den Status eines Spiegel-Bestsellers.5https://www.dtv.de/buch/die-narzisstische-gesellschaft-34821

Wikipedia-Korrektur

Der Wikipedia-Beitrag zu Hans-Joachim Maaz ist weitestgehend neutral geschrieben. Er enthält jedoch mehrere tote Verlinkungen, argumentiert mit Kontaktschuld und wirft Maaz mit einer Sekundärquelle „Fremdenfeindlichkeit“ vor, ohne eine entsprechende Primärquelle zu konsultieren. Der Beitrag ist zudem nicht aktuell und spart die letzten Buchveröffentlichungen von Maaz aus. Das gilt es zu ergänzen.

Buch: Friedensfähigkeit und Kriegslust (2023)

In Friedensfähigkeit und Kriegslust (2023) vertritt Maaz die These, daß vernachlässigte bzw. falsch erzogene Kinder später zu Aggressionen neigen, die durch äußere Einflüsse zu einer passiven Kriegsbegeisterung oder sogar einer aktiven Kriegslust gesteigert werden können. In diesem Zusammenhang verknüpft Maaz seine Erkenntnisse zur Frühtraumatisierung mit aktuellen politischen Themen: dem „Kampf gegen rechts“ (und gegen die Meinungsfreiheit), dem apokalyptischen Kampf gegen die angebliche Klimakatastrophe, dem Corona-Angstkomplex und der seltsamen Begeisterung auf Seiten der deutschen (ehemals pazifistischen) Linken für eine militärische Auseinandersetzung mit Rußland im Ukraine-Krieg.

Maaz zufolge macht ein blockiertes Innenleben, ein „Gefühlsstau“, „krank oder böse“. Dieser „Gefühlsstau“ bilde die „energetische Basis für Streitlust, Gewalt und Kriegsbegeisterung“. Eine der Hauptursachen hierfür sieht Maaz in der Fremdbetreuung von Kleinkindern in Krippen und Kindergärten. „Durch die zu frühe Trennung von Mutter und Kind, durch Zerstörung elterlicher und familiärer Strukturen, durch defizitäre Beziehungen und entfremdende (narzisstisch betonte) Erziehung werden leider Persönlichkeitsstörungen bei Kindern massenhaft erzeugt.“ Die dadurch erlittene fehlende innere Stabilität mache anfällig für „jede politisch-ideologische Verführung“.

Diese Kritik trägt bei Maaz auch antikapitalistische Züge: „Die erlittene Lieblosigkeit verhindert die Entwicklung von Empathie und zwingt in ein Ersatzleben durch anstrengende Ich-Leistungen. Der ungeliebte Narzisst will dann wenigstens Anerkennung, Macht und Geld. Die zwangsläufige Kränkungswut der frühen Verlassenheit wird in unendliche Leistungswut gepackt.“ Als „Leistung“ in diesem Sinne gilt es dabei auch, medial erzeugte Feindbilder zu bekämpfen. Das führe unter anderem dazu, daß „in aller Regel“ Menschen „mit narzisstischer Störung“ an die Macht gelangen, die „fast zwangsläufig die Gewalt bevorzugt“ einsetzen und einsetzen lassen.

Zu einer gelungenen Erziehung, die friedensfähig macht, schreibt Maaz: „Liebende Eltern sind spiegelnde, erkennende, bestätigende, schützende, versorgende und begrenzende Eltern. (…) Das prinzipiell durch Liebe bestätigte Kind hat keine überhöhten Ansprüche oder grenzenlose Bedürfnisse.“ Im Gegensatz zur antiautoritären Erziehung fordert Maaz dazu auf, Kinder dort zu begrenzen, wo sie etwas noch nicht verstehen können, „etwas zu gefährlich ist“ oder „die Freiräume oder Bedürfnisse anderer gestört werden“.

Der kapitalistischen Leistungs- und Angstgesellschaft, in der Wettbewerb schnell zu Krieg umschlagen kann, setzt Maaz eine dezentralisierte Gesellschaft mit „kleineren Gemeinschaften und mit überschaubaren Strukturen“ entgegen. Dort könne das Leben „menschlicher, natürlicher, friedfertiger im Sinne einer basisdemokratischen Beziehungskultur“ sein.

Bemerkenswert bei Maaz ist außerdem, daß sein Pazifismus die militärische Niederlage bejaht. Seine Begründung: Eine Besatzung durch eine fremde Macht sei dem möglichen Tod vorzuziehen.

Veröffentlichungen (Auszug):

2023: Friedensfähigkeit und Kriegslust

2022: Angstgesellschaft

2017: Das falsche Leben. Ursachen und Folgen unserer normopathischen Gesellschaft

2012: Die narzisstische Gesellschaft

1990: Der Gefühlsstau. Ein Psychogramm der DDR

Fußnoten