Manfred Spitzer, geboren 1958, leitete die Psychiatrische Universitätsklinik in Ulm und das Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen. Er warnt in etlichen Büchern davor, digitale Endgeräte bereits unkontrolliert in der Kindheit einzusetzen. Aus diesem Grund sei etwa auch die Digitalisierung der Klassenzimmer falsch.1Die biographischen Daten wurden Spitzers Buch „Wie wir denken und lernen“ entnommen.
Biographie
Spitzers Lebenslauf wird auf Wikipedia sachlich korrekt referiert:
„Nach dem Abitur am Max-Planck-Gymnasium in Groß-Umstadt 1977 studierte Manfred Spitzer Medizin, Philosophie und Psychologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Seinen Lebensunterhalt während dieser Zeit verdiente er sich u. a. als Straßenmusiker. Manfred Spitzer erwarb ein Diplom in Psychologie, anschließend promovierte er in Medizin (1983) und Philosophie (1985), wurde Facharzt für Psychiatrie und habilitierte sich 1989 für das Fach Psychiatrie mit der Arbeit „Was ist Wahn?“.
Von 1990 bis 1997 war er an der Psychiatrischen Universitätsklinik in Heidelberg als Oberarzt tätig. Zweimal war er als Gastprofessor an der Harvard University; ein weiterer Forschungsaufenthalt führte ihn an das Institute for Cognitive and Decision Sciences der University of Oregon.
Im Jahr 1997 wurde Manfred Spitzer auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Psychiatrie der Universität Ulm berufen. Kurze Zeit darauf wurde Spitzer Herausgeber der Fachzeitschrift Nervenheilkunde, eines Fortbildungsorgans für Ärzte und Verbandsorgans vieler Verbände aus dem psychiatrischen und psychotherapeutischen Bereich. Dort veröffentlicht er auch regelmäßig eigene Arbeiten und Editorials, die er später, in Büchern zusammengefasst, gesondert wieder herausgibt.
Über die Fachkreise hinaus bekannt wurde Spitzer durch populärwissenschaftliche Vorträge und allgemeinverständliche Bücher.
Von 2004 bis 2012 wurde unter Federführung des Bayerischen Rundfunks die Serie Geist & Gehirn in 194 Folgen ausgestrahlt, in der Spitzer Erkenntnisse aus der Gehirnforschung vorstellte. Diese Sendungen sind auch auf DVD erhältlich und können auf BR-alpha angesehen werden. Er ersann mit dem Transferzentrum das Konzept zu Spielen macht Schule, einem Wettbewerb für Grundschulen. Spitzer ist Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Louisenlund.
Im Herbst 2018 wurde er von der AfD als Experte für die Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ des Bundestages vorgeschlagen, sagte jedoch ab, weil er nicht mit der AfD in Verbindung gebracht werden wollte.
Manfred Spitzer hat fünf Kinder. Er ist der Vater des Autors und Comedians Thomas Spitzer und der Schwiegervater von Hazel Brugger.“
Positionen
Entgegen der Unterstellungen seiner Kritiker sieht Spitzer die Digitalisierung nicht generell kritisch. Er betont ausdrücklich, daß eine Digitalisierung im Sinne eines Ausbaus der Infrastruktur (Breitband) dringend für Unternehmen erforderlich ist. Deutschland ist im Gegensatz zu europäischen Nachbarn und einigen asiatischen Staaten geradezu rückständig.
Das Hauptaugenmerk Spitzers liegt aber vor allem auf der Nutzung digitaler Endgeräte in der Kindheit. Demnach bedeutet ökonomische Digitalisierung noch lange nicht, daß in jedes Klassenzimmer ein Laptop gehöre. Dies könne sich als kontraproduktiv erweisen. Denn die Kinder und Jugendlichen seien durch die Digitalisierung des Alltags und der Schulen gesundheitsschädlichen Quellen ausgesetzt. Der fünf Milliarden Euro schwere »Digitalpakt« der Bundesregierung, über den die IT-Ausstattung der Bildungseinrichtungen gelingen soll, dürfte also nicht nur falsch investiertes Geld sein. Er ist schädlich, warnt Spitzer.
Selbstverständlich nutzt der Wissenschaftler dennoch laut eigenen Angaben Smartphone und Computer. Er ist jedoch der Meinung, man müsse den Umgang damit lernen. Man könne sie als sinnvolle Werkzeuge erst nutzen, wenn man in der analogen Welt Vorwissen erworben habe.
Der »Digitalpakt« ist mit seinen fünf Milliarden Euro nur so günstig, weil die Bundesregierung implizit davon ausgeht, daß jeder Schüler sein eigenes Smartphone mitbringt. Hier werden also die Eltern subtil zusätzlich zur Kasse gebeten und unter Druck gesetzt. Der Aktionsrat Bildung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft schlägt dabei in seinem Gutachten »Digitale Souveränität und Bildung« sogar vor, daß bereits Zweijährige ein Tablet erhalten sollten. Spitzer präsentiert mehrere Studien, mit denen er belegen will, daß dies der falsche Weg ist. Als ein Beispiel nennt er die Kurzsichtigkeit von Kindern und Jugendlichen. Der Anteil der kurzsichtigen Kinder in Europa liege bei ca. 30 %, in China bei ca. 80 % und in Südkorea bei 90 %. Zum Vergleich liegt der Anteil kurzsichtiger Rentner weltweit bei 1-5 %. Südkorea hat darauf bereits reagiert und als erstes Land weltweit Gesetze zum Schutz der Jugend vor der Digitalisierung erlassen. Ob die Zahlen allerdings valide sind, läßt sich schwer überprüfen.
Neben weiteren Symptomen als Beispiele für die vermeintlich fehlerhafte Entwicklung der Digitalisierung nennt Spitzer Schlaf- und Konzentrationsstörungen. Die Wellenlängen der meisten Displays seien ähnlich dem Tageslicht. Die Ausschüttung des Hormons Melatonin, das den Tag-Nacht-Rhythmus reguliert, wird gehemmt. Als Folge wird der Mensch langsamer müde, der Schlaf verzögert sich und der Rhythmus verschiebt sich. Auch die Intelligenz von Kindern und Jugendlichen wird durch die Digitalisierung der Klassenzimmer nicht positiv beeinflußt. Im Gegenteil, laut einer von ihm genannten Studie, zeigten digitalisierte Schüler bei gleichen Tests schlechtere Leistungen als ihre Mitschüler in den computerlosen Klassen.
Spitzer behauptet, summa summarum, habe die Digitalisierung der Kinderzimmer erheblich mehr Risiken als Nutzen. Außerdem klagt er an, daß es bisher keine Assessmentinstrumente zu
den von ihm genannten Risiken gebe. Ihm zufolge sollten daher digitale Endgeräte erst sehr spät, ab 18 oder 20 Jahren, Anwendung finden, wenn aufgrund von Vorwissen die digitalen Werkzeuge zur intensiven Recherche eingesetzt werden können.2Die Zusammenstellung der Positionen orientiert sich an Recherche D, Heft 2, S. 38 bis 40, und beruht auf dem Besuch eines Vortrags von Spitzer an der TU Dresden, https://recherche-dresden.de/product/recherche-d-heft-2-august-2018/
Wikipedia-Korrektur
Der Wikipedia-Beitrag über Manfred Spitzer ist sehr ausführlich und sachlich weitestgehend richtig. Er kann deshalb herangezogen werden, um sich eine Übersicht über sein Leben und seine Veröffentlichungen zu verschaffen. Ungeeignet ist der Wikipedia-Beitrag allerdings, um sich einen Überblick über seine Positionen zu verschaffen, da Unmengen an Kritik verarbeitet wurden, während Spitzers Positionen unberücksichtigt bleiben. Statt Primärquellen zusammenzufassen, wurde also auf negativ wertende Sekundärquellen vertraut. Wir haben dies dahingehend korrigiert, die Positionen Spitzers anhand eines von ihm gehaltenen Vortrags möglichst kommentarlos zu referieren.