Susanne Schröter, geboren am 24. September 1957 in Nienburg/Weser, ist Ethnologin, die als Professorin an der Goethe-Universität Frankfurt am Main lehrte, und eine kritische Islamforscherin. Sie leitete von 2014 bis September 2025 das „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“ (FFGI). Schröter hat mehrere Spiegel-Bestseller geschrieben.
Biographie
Schröter bezeichnet sich selbst als das „Produkt eines typischen Bildungsaufstiegs meiner Eltern, wie er in den 1950er-Jahren möglich wurde“. Ihr Vater arbeitete als Bergmann im Ruhrgebiet und holte seine Hochschulreife sowie ein Ingenieursstudium nach. Ihre Mutter stammte aus „kleinbäuerlichen Verhältnissen“ und war eine „gebildete Hausfrau, die sieben Sprachen verstand“.1Susanne Schröter: Der neue Kulturkampf. Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht. Freiburg 2024. S. 99
Von 1977 bis 1986 studierte Schröter Ethnologie, Soziologie, Deutsche Volkskunde und Pädagogik an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz.2https://www.susanne-schroeter.de/vita/lebenslauf/ In dieser Zeit war sie – Eigenangaben zufolge – eine „undogmatische linke Studentin“, die sich mit Entwicklungssoziologie und „Theorien zur vermeintlich absichtlich herbeigeführten Unterentwicklung begeistert“ auseinandersetzte.3Kulturkampf 2024. S. 99
„Mein aus heutiger Sicht recht eindimensionales Weltbild wurde allerdings fundamental erschüttert, als ich mich für eine Prüfung intensiv mit den empirischen Befunden der Entwicklungspraxis in unterschiedlichen außereuropäischen Regionen befasste. Ein gründliches Lektürestudium zeigte, das es für den ökonomischen Determinismus, den Dependenz- und Weltsystemtheoretiker am Werk sahen, keine nachweisbaren Anhaltspunkte gab. Nicht überall herrschte nämlich Stillstand und Elend. Ich las über die rasante Entwicklung, die die sogenannten ost- und südostasiatischen Tigerstaaten Hongkong, Taiwan, Südkorea und Singapur seit den 1960er-Jahren vorangetrieben hatten, und den etwas weniger spektakulären, aber dennoch beeindruckenden Aufstieg Indonesiens, Malaysias, Thailands und der Philippinen.“4Ebd., S. 100
1986 wurde Schröter wissenschaftliche Mitarbeiterin Frauenmuseum Wiesbaden. Danach arbeitete sie von 1991 bis 1997 am Institut für Ethnologie und Afrika-Studien an der Universität Mainz. 1994 erfolgte ihre Promotion mit einer Arbeit über „Männliche Selbsterhaltungsstrategien angesichts der Vorstellung omnipotenter Weiblichkeit – Materialien zur Konstruktion von ‘Männlichkeit’ und ‘Weiblichkeit’ in Melanesien“. Von 1997 bis 1999 war sie am Frobenius-Institut in Frankfurt beschäftigt und legte 1999 ihre Habilitationsschrift zum Thema „Keo rado – Die Austreibung des Bösen. Ein Beitrag zur Religion und Sozialstruktur der Ngada in Ostindonesien“ an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt vor.
Nach einer Lehrstuhlvertretung in Mainz und einer Gastprofessur an der Yale University wurde Schröter 2004 auf den Lehrstuhl für Südostasienkunde der Universität Passau berufen. 2008 wechselte sie nach Frankfurt und beschäftigte sich dort mit der „Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen“.5https://www.susanne-schroeter.de/vita/lebenslauf/
In dieser Zeit stellte Schröter fest, daß in Indonesien und anderen Staaten Südostasiens „mühsam erkämpfte Frauenrechte rückgängig gemacht“ wurden, „wenn sie nicht mit den Normen eines fundamentalistischen Islam kompatibel waren“. Ein Beispiel: „Ganzkörperverhüllungen wurden Pflicht, und wer sich als besonders gottesfürchtig präsentieren wollte, trug in tropischem Klima Socken, Handschuhe und einen Gesichtsschleier.“6Kulturkampf 2024. S. 17
2014 gründete sie das „Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam“. 2017 erhielt Schröter vom Landeskriminalamt Hessen nach der Bedrohung durch Islamisten einen „Gefährdungsstatus“.7Ebd., S. 44
Bis Ende September 2025 leitete Schröter das Islam-Forschungszentrum. Gegenüber dem Cicero vermutete Schröter, die Auflösung des Forschungszentrums habe „politische und wissenschaftspolitische Gründe“:
„Im Rahmen unseres Forschungszentrums wurde der Islam in allen seinen Facetten untersucht – von seinen liberalen Spielarten über legalistische Formen des Islamismus bis hin zum extremistischen Islam. Das hat nicht allen gefallen, weil es mit einer sehr dominanten Theorie kollidiert, die in den Geisteswissenschaften hegemonial geworden ist. Ich spreche von der postkolonialen Theorie, die von einem denkbar schlichten Weltbild ausgeht. Auf der einen Seite der Weltgeschichte stehen Täter, denen man alle Übel der Welt anlastet. Diese sind immer weiß, meist männlich und heterosexuell und werden der Kategorie des Westens zugeschlagen. Auf der anderen Seite stehen die nach äußeren Merkmalen definierten Opfer, zu denen an oberster Stelle auch Muslime gezählt werden. Unsere Forschungen haben diese schlichte binäre Logik infrage gestellt.“
Positionen
Islam, Kulturkampf und Feminismus
In ihrem Spiegel-Bestseller Der neue Kulturkampf. Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht (2024) betont Schröter:
„Islamismus löst in einer nichtmuslimischen Gesellschaft andere Probleme aus als in einer muslimisch geprägten Umgebung. Er produziert segregierte Gemeinschaften und in vielen Fällen sogar regelrechte Parallelgesellschaften, in denen eigene Werte gelten und die Ablehnung der Mehrheitsgesellschaft und ihrer Institutionen gepflegt wird.“8Kulturkampf 2024, S. 25
Für Ansichten wie diese habe man Schröter „das Etikett eines antimuslimischen Rassismus angehängt“, beklagt sie.9Ebd., S. 28 Ihre Gegner hätten sogar ihre „Entlassung aus dem Universitätsdienst gefordert“10Ebd., S. 33. Dieser Zensur-Unkultur (Cancel Culture) widersetzt sich Schröter, indem sie in ihr Forschungszentrum stets Personen mit unterschiedlichen Ansichten zum Islam und Anhänger unterschiedlicher Strömungen innerhalb des Islam einlud.
Den Schuldkult der postkolonialen Ideologen hält Schröter für historisch falsch. „Weltgeschichtlich betrachtet“ stelle der „europäische Kolonialismus lediglich ein Imperium von vielen anderen dar“. Sie verweist dabei darauf, dass es auch „muslimische und afrikanische Sklaverei“ gegeben habe. Dem von Muslimen betriebenen Sklavenhandel seien „Millionen Menschen in Afrika und Europa zum Opfer“ gefallen, arbeitet Schröter heraus. Selbst nicht-europäische Historiker wie Tidiane N’Diaye würden das bestätigen.11Ebd., S. 167
Neben dem Islam beschäftigt sich Schröter in ihrem Buch über den „neuen Kulturkampf“ mit dem Feminismus und kritisiert unter anderem die „Diskriminierung von Müttern“12Ebd., S. 143. Statt berufstätige Mütter zu unterstützen, „treiben Feministinnen immer neue Regelwerke voran, die sich am Weiblichkeitsideal der kinderlosen berufstätigen Frau orientiert“.
„Wer andere Prioritäten entwickelt und ein Leben mit Kindern und Beruf anstrebt, wird abgestraft. Wer sich für eine Vollzeitmutterschaft oder eine Teilzeitbeschäftigung entscheidet, muss sogar mit dem Vorwurf eines falschen Bewusstseins rechnen.“13Ebd., S. 144
Die Geopolitik des Westens
In einem weiteren Spiegel-Bestseller mit dem Titel Global gescheitert? Der Westen zwischen Anmaßung und Selbsthass stellt Schröter klar, daß es der falsche Weg sei, den Islamismus im Ausland militärisch zu bekämpfen. Eine „Durchsetzung“ der westlichen Ordnung in nicht-westlichen Gesellschaften „mit Waffengewalt ist weder sinnvoll noch legitim“.14Susanne Schröter: Global gescheitert? Der Westen zwischen Anmaßung und Selbsthass. 4. Aufl., Freiburg 2022. S. 55 Stattdessen sollte sich der Westen darauf konzentrieren, den Islamismus in den eigenen Staaten zurückzudrängen. Daß genau das versäumt wurde, belegt Schröter anhand „Hamburgs Beitrag zum 11. September“.15Ebd., S. 69ff Einige der Attentäter vom 11. September 2001 konnten sich in Hamburg ungestört radikalisieren und auf die Terrorangriffe vorbereiten.
Zur „Zukunft des Westens“ schreibt Schröter:
„Wer immer geglaubt haben mag, westliche Werte mithilfe der US-Armee oder der Bundeswehr in alle Welt exportieren zu können, sollte eines Besseren belehrt worden sein. Demokratien können erkämpft und aus eigenen Stücken gewählt, aber nicht verordnet oder erzwungen werden. Man würde auf diesem Weg lediglich eine inhaltsleere Fassade erzeugen, hinter der sich Korruption, Nepotismus sowie ethnische und verwandtschaftliche Seilschaften befinden, die die politische Macht monopolisieren. Der Sturz autoritärer Herrscher im Namen der Demokratie, wie er in Libyen, dem Irak oder in Afghanistan stattfand, lässt sich auch normativ nicht rechtfertigen. Eine politische Ordnung, die auf Freiheit, Freiwilligkeit und Selbstverantwortung basiert, kann nicht das Ergebnis einer militärischen Maßnahme sein. Das Herz der Demokratie ist die Freiheit, und nur dann, wenn sie das Ergebnis einer freien Entscheidung ist, kann sie Bestand haben.16Ebd., S. 193
Veröffentlichungen (Auszug)
2024: Der neue Kulturkampf. Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht
2022: Global gescheitert? Der Westen zwischen Anmaßung und Selbsthass
2019: Politischer Islam. Stresstest für Deutschland
2017: Normenkonflikte in pluralistischen Gesellschaften
2016: Gott näher als der eigenen Halsschlagader. Fromme Muslime in Deutschland
2001: Allahs Karawane. Eine Reise durch das islamische Multiversum
Wikipedia-Korrektur
Gegenüber Recherche D bemängelte Schröter, der zu ihrer Person angelegte Wikipedia-Beitrag enthalte „nicht nur unvollständige und falsche Aussagen“. Er referiere auch „vornehmlich Personen, die mich denunzieren oder falsch zitieren“. Als Beispiel nennt sie die Frankfurter Rundschau und die FAZ.
(Bild von Susanne Schröter: © FFGI)