Gerd Morgenthaler, geboren 1962 in Mosbach/Baden, ist Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht an der Universität Siegen und im Vorstand der Oswald-Spengler-Gesellschaft. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen vor allem die Freiheitsgrundrechte und die Entwicklung Europas.1https://www.wiwi.uni-siegen.de/rechtswissenschaften/morgenthaler/team/morgenthaler/curriculum_vitae_morgenthaler.html?lang=de2https://www.oswaldspenglersociety.com/the-society
Biographie
Morgenthaler studierte Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Heidelberg. 1991 folgte seine Promotion mit einer Arbeit zum internationalen Steuerrecht. Danach war er wissenschaftlicher Assistent von Paul Kirchhof, der seit den 2000er-Jahren (bis heute) für ein einfaches Steuersystem wirbt (Kirchhof-Modell).
1999 habilitierte er sich mit einer Arbeit zum Freiheitsbegriff des Grundgesetzes in seiner historischen Prägung durch die Naturrechtsphilosophie der europäischen Moderne.3Formulierung folgt diesen Angaben: https://www.oswaldspenglersociety.com/the-society
Seit 2001 ist er Universitätsprofessor. Von 2002 bis 2004 war er Prodekan des Fachbereichs 5 der Universität Siegen für internationale Zusammenarbeit.
In den letzten Jahren trat er als Mitherausgeber mehrerer Bücher über den Geschichtsphilosophen Oswald Spengler (Untergang des Abendlandes) in Erscheinung.4https://www.oswaldspenglersociety.com/activities Neben ihm gehören auch David Engels, Max Otte, Alexander Demandt und Robert W. Merry dem Vorstand der Spengler-Gesellschaft an.
Positionen
Gegenüber der NZZ sagte Morgenthaler zu Beginn des Jahres 2025 zum in der Praxis schwindenden Neutralitätsgebot des Staates: „Früher konnte ein Beamter nur durch ein Gericht aus dem Dienst entfernt werden, jetzt kann dies sein Vorgesetzter selbst tun. Das ist eine dramatische Veränderung.“ Kritisch sieht Morgenthaler diese Veränderung, weil sie auf eine „Umkehr der Klagelast“ hinauslaufe.
„Der Vorgesetzte kann den Beamten von einem Tag auf den anderen entlassen, einfach durch eine Disziplinarverfügung. Das geht einseitig, schnell und schafft erst mal Fakten. Dagegen kann sich der Beamte dann gerichtlich zur Wehr setzen. Das heißt, er hat Nachteile: Er muss sich einen Anwalt suchen, er muss Argumente vorbringen, warum er kein Verfassungsfeind ist. Er ist die ganze Zeit stigmatisiert. Er ist unsicher, wie es mit ihm weitergehen wird und ob er wieder in sein Amt kommt. Das war bisher nicht so, sondern bisher konnte man nur aufgrund einer Disziplinarklage und eben durch eine entsprechende Entscheidung des Gerichts entlassen werden.“
Morgenthaler sieht in dieser Änderung des Disziplinarrechts eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Dies sei jedoch nur ein Baustein in der Entwicklung hin zu einer Gesinnungsethik, die im Widerspruch zur Verantwortungsethik steht.
„Es besteht eine starke Tendenz zu immer mehr Propaganda auf der einen und Zensur im weitesten Sinne auf der anderen Seite, sowohl in der Wissenschaft als auch im Bereich der Medien, und das wird staatlich unterstützt und ganz offiziell unter dem Stichwort Informationsmanagement zusammengefasst. Da kann man mehrere Elemente entdecken. Es gibt eine Art Pseudoaufklärung durch vermeintliche Experten, während Kritiker dekonstruiert, ausgegrenzt, stigmatisiert werden, Stichwort Fake News, Hass und Hetze.“
Begriffe wie „Hass und Hetze“ würden „als Hebel benutzt, um Maßnahmen zu ergreifen, die Meinungsfreiheit einzuschränken. So kommt es zu Hausdurchsuchungen aufgrund von Lappalien. Das darf nicht akzeptiert werden, weil Art. 5 die Meinungsfreiheit garantiert und die Grenzen dort klar genannt sind: das Recht der persönlichen Ehre, der Schutz der Jugend und die allgemeinen Gesetze. Diese Gesetze müssen präzise gefasst sein, damit jeder weiß, wie weit seine Meinungsfreiheit reicht. Hass und Hetze sind keine Rechtsbegriffe wie Beleidigung oder üble Nachrede, die an sich zwar auch sehr unbestimmt sind, aber durch die Rechtsprechung weitgehend präzisiert wurden. Was heutzutage als Hass und Hetze bezeichnet wird, ist großteils erlaubt“, unterstreicht Morgenthaler in dem NZZ-Interview.
Kritik übt Morgenthaler auch am Paragraph 130 zur Volksverhetzung und am Paragraph 188 zur Politiker-Beleidigung.
„Diese war früher beschränkt auf die Behauptung falscher Fakten, konkret: üble Nachrede und Verleumdung. Im April 2021 wurde sie ausgedehnt auf Beleidigungstatbestände, also auf Werturteile. Bedenklich ist auch die Praxis, die sich da etabliert hat. Es gab Hausdurchsuchungen wegen Internet-Posts. Was soll eine Hausdurchsuchung bringen, wenn jemand einen Post weiterleitet? Was will man da beschlagnahmen? Das dient einzig und allein der Einschüchterung. (…) Politiker müssen es sich gefallen lassen, scharf und polemisch kritisiert zu werden, auch delegitimierende Äußerungen sind legal.“
Die Übergriffigkeit des Verfassungsschutzes in Form der Beobachtung bzw. Verfolgung angeblich den Staat „delegitimierender“ Meinungen spricht Morgenthaler ebenfalls an: „Also rechts kann sein, dass jemand patriotisch ist, dass er konservativ ist und ich weiß nicht was alles, während ein Linker eher internationalistisch ausgerichtet sein mag und progressiv und so weiter, aber das sind alles auch unbestimmte Begriffe und keine Rechtsbegriffe. Und daraus kann man für ein Verbotsverfahren oder für sonstige staatliche eingreifende Maßnahmen wie die Beobachtung durch den Verfassungsschutz keinerlei Rechtsfolgen ableiten.“
Veröffentlichungen (Auszug)5https://www.wiwi.uni-siegen.de/rechtswissenschaften/morgenthaler/team/morgenthaler/0_cv_morgenthaler_literatur-auswahl_fuer_homepage.pdf
2021: Oswald Spengler in einem Zeitalter der Globalisierung (als Mitherausgeber)
1999: Freiheit durch Gesetz. Der parlamentarische Gesetzgeber als Erstadressat der Freiheitsgrundrechte. Habilitationsschrift.
Wikipedia-Korrektur
Gerd Morgenthaler teilte Recherche D mit, daß der Wikipedia-Beitrag über ihn keine Falschinformationen enthält, aber stilistisch einer Überarbeitung bedürfe. Wir sehen vor allem die Notwendigkeit einer Ergänzung der Positionen Morgenthalers zu aktuellen Streitfragen, die hiermit geschehen ist.