Suche
Close this search box.

Erich Vad, geboren am 2. Januar 1957 in Arnsberg1https://www.imdb.com/de/name/nm10323664/, ist Brigadegeneral a.D. und zählte zu den militärischen Beratern von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Seine kritische Sicht auf die deutsche Ukraine-Politik hat er in einem Spiegel-Bestseller verarbeitet.

Biographie

Erich Vad studierte Geschichte, Philosophie und Sozialwissenschaften in München, Münster und Hamburg. Er promovierte bei Werner Halweg (Münster) und Jehuda L. Wallach (Tel Aviv) über die Aktualtität von Clausewitz. Danach war er auf nationaler und internationaler Ebene im Truppen- und Generalstabsdienst tätig.2https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-322-85096-6

Nach eigenen Angaben war er von 2000 bis 2006 Berater für Sicherheits- und Verteidigungs­­­politik im Bundestag sowie von 2006 bis 2013 Gruppen­­leiter im Bundeskanzleramt, Sekretär des Bundes­­sicherheits­­rates und Militärischer Berater der Kanzlerin Angela Merkel.

Vad lebt mittlerweile in München und arbeitet als Unternehmensberater und Dozent an Universitäten im In- und Ausland. Unter anderem war er schon Dozent an der amerikanischen Johns Hopkins University und der National Defense University in Washington D.C.3https://erichvad-consulting.de/vita/

Vad war CDU-Mitglied, ist inzwischen aber ausgetreten und gehört keiner Partei mehr an.4Erich Vad: Ernstfall für Deutschland. Ein Handbuch gegen den Krieg. Neu-Isenburg 2024, S. 25

Bestseller: Ernstfall für Deutschland. Ein Handbuch gegen den Krieg (2024)

Mit Ernstfall für Deutschland landete Vad einen Spiegel-Bestseller. Er warnt darin die Bundesregierung eindringlich davor, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. Möglicherweise werde dadurch ein europäischer Krieg mit Deutschland im Zentrum ausgelöst. Aus Sicht der NATO sei Deutschland „geografisch und logistisch ideal“ gelegen, um „als Drehscheibe zu fungieren“. „Aus deutscher Sicht ist das Ganze weniger optimal: Wir befinden uns immer mittendrin, egal was passiert“, warnt er.5Ebd., S. 13

Die Kriegsziele des Westens im Konflikt zwischen Rußland und der Ukraine stellt Vad generell in Frage. Denn:

„Wer sollte als Siegermacht ein zerschlagenes Russland managen? Das strategische Vakuum, das ein Vielvölkerstaat wie Russland hinterließe, wäre nicht händelbar und würde Warlords und anderen regionalen Akteuren Tür und Tor öffnen. Weder der Westen noch Deutschland und erst recht nicht die kriegsgebeutelte Ukraine hätten die notwendigen Kapazitäten. Ein besiegtes Russland ist nicht in unserem Sinn, man muss es so deutlich sagen. Genauso wenig ist es in unserem Sinn, dass die Ukraine besiegt und besetzt wird.“6Ebd., S. 29

Darüber hinaus übt er Kritik an den Rußland-Sanktionen. Sie würden Deutschland selbst treffen. Klüger wäre es deshalb, China und die BRICS-Staaten zu motivieren, Druck auf Rußland auszuüben.

Zum Zustand der Bundeswehr schreibt Vad:

„Während des Kalten Krieges hat die Bundeswehr bewiesen, wie wichtig militärische Stärke für unsere Sicherheit ist. Mit mehr als einer halben Million Soldaten – derzeit ist es gerade noch ein Drittel davon – und zwölf einsatzfähigen Divisionen war sie kriegstüchtig und weit entfernt von dem seit den 1990er Jahren politisch verschuldeten, mangelhaften Zustand der heutigen Bundeswehr.“7Ebd., S. 40

Die Präsenz der USA und der NATO während des Kalten Krieges verteidigt Vad in seinem Buch. „Westdeutschland brauchte die USA an seiner Seite – und vor Ort -, um einen Krieg unwahrscheinlich zu machen“, betont er. Heute sei die Lage jedoch eine gänzlich andere. Das gegenwärtige Verhältnis Deutschlands zu den USA betrachtet Vad als ambivalent. Es bringe nicht mehr „ausschließlich Sicherheit“, sondern ein „zunehmendes Risiko“. Trotzdem wäre Deutschland ohne die Amerikaner „hilf- und schutzlos“. Der Preis dafür sei „politische Loyalität“, die von den USA eingefordert wird. Gerade auch im Hinblick auf China als Absatzmarkt für deutsche Produkte sei dies eine problematische Situation. Vad empfiehlt weder gegenüber Rußland noch China eine „kategorische Ablehnung“, wie von den USA gefordert. Deutschland müsse folglich auf „mehr Dialog, Diplomatie, Interessenausgleich und stabile politische Beziehungen in alle Richtungen“ setzen.8Ebd., S. 43

Die Entscheidung, ab 2026 neue Mittelstreckenraketen der Amerikaner in Deutschland stationieren zu wollen, sieht Vad als „katastrophales Risiko“, da diese Raketen auf Rußland gerichtet wären.9Ebd., S. 49 Anders als beim NATO-Nachrüstungsbeschluss von 1979 solle diesmal keine Risikostreuung mit weiteren Bündnispartnern stattfinden. Zudem sei die Stationierung im Gegensatz zu damals nicht mit gleichzeitigen Abrüstungsmaßnahmen verbunden, moniert er.10Ebd., S. 51

Als strategisches Ziel im Interesse Deutschlands sieht Vad eine schnellstmögliche Beendigung des Ukraine-Krieges. Perspektivisch müsse es in diesem Zusammenhang gelingen, einen „möglichst friedlichen Abstieg der USA aus ihrer weltweiten Vormachtstellung (…) zu managen“. Der Westen müsse sich „in die neue Multipolarität und Differenziertheit der Welt“ integrieren.11Ebd., S. 71 Zugleich bedeutete das, Abschied zu nehmen von der werteorientierten Außenpolitik. Als Vorbild für eine „lösungsorientierte Außenpolitik“ sieht Vad die Türkei und Indien. „Beide, Erdogan und Modi, beziehen trotz des Ukraine-Krieges und ihrer Kritik an Russland nach wie vor Öl und Gas“.12Ebd., S. 72f

Zitate

„Von der einstigen deutschen Politik, der es gelang, die Gegensätze zwischen West und Ost auszutarieren, ist nichts mehr übrig. Statt von handfesten Fakten und nationalen Interessen lässt sich die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik derzeit ausschließlich von Moral leiten (‚Wir liefern Waffen, weil die Russen Monster und die Ukrainer Helden sind.‘) und trottet ansonsten brav den US-Amerikanern hinterher, um unsere Bündnistreue unter Beweis zu stellen.“13Ebd., S. 63

„Die Weigerung miteinander zu reden ist das Ende von Politik und Diplomatie. Das gilt für den Krieg im Nahen Osten genauso wie für den Ukraine-Krieg. Die Israelis können Hamas und Hisbollah nicht abschließend und nachhaltig militärisch besiegen. Beide werden – ähnlich wie die Russen in Europa – nicht von der Landkarte verschwinden. Israel kann sich durch den Einsatz seiner Streitkräfte lediglich Zeit für politische Verhandlungen verschaffen, um aus der Spirale der Gewalt herauszukommen.“14Ebd., S. 79

Veröffentlichungen (Auszug)

2024: Ernstfall für Deutschland. Ein Handbuch gegen den Krieg

2024: Abschreckend oder erschreckend? Europa ohne Sicherheit

2017: Angela Merkel und das Dilemma deutscher Sicherheitspolitik. In: Philip Plickert (Hg.): Merkel – Die kritische Bilanz von 16 Jahren Kanzlerschaft (Spiegel-Bestseller)

1996: Strategie und Sicherheitspolitik. Perspektiven im Werk von Carl Schmitt15https://erichvad-consulting.de/publikationen/

Wikipedia-Korrektur

Wikipedia wirft Erich Vad wiederholte „Fehleinschätzungen“ der Lage in der Ukraine vor (sieben Mal). Bei anderen Militärexperten wird kein derart hoher Maßstab angelegt. Eine Rezeption seines um Differenzierung bemühten Buches Ernstfall für Deutschland, immerhin ein Bestseller, findet indes nicht statt. Aus diesem Grund haben wir genau darauf den Schwerpunkt gelegt.

Wikipedia arbeitet zudem mit Kontaktschuld, um Vad in die Nähe der Sezession, der Jungen Freiheit und der angeblich „extrem rechten Berliner Burschenschaft Gothia“ zu schieben.

Bild: Erich Vad (Copyright: Privat)

Fußnoten