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Michael Meyen, geboren 1967 in Bergen auf Rügen, ist ein nonkonformer Journalist und seit 2002 Professor für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seine wohl wichtigste Publikation ist ein Spiegel-Bestseller über „Die Propaganda-Matrix“ (2021). Er leitet eine Freie Akademie für Medien und Journalismus.1https://www.freie-medienakademie.de/portrait_michael

Biographie

Meyen hat noch zu DDR-Zeiten mit dem Studium der Journalistik in Leipzig begonnen und dieses 1992 abgeschlossen. Seine ersten journalistischen Erfahrungen sammelte er bei der Leipziger Volkszeitung (LVZ) und beim Radio. 1995 folgte seine Promotion und 2001 die Habilitation. Zunächst begleitete er eine Gastprofessur an der TU Dresden. Seit April 2002 ist er Professor für Allgemeine und Systematische Kommunikationswissenschaft in München.

2023 leitete die Landesanwaltschaft Bayern ein Verfahren gegen Meyen ein. Der Vorwurf lautete, er habe bei seinen Nebentätigkeiten gegen die Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen. Deshalb sollte er 15 Monate lang zehn Prozent weniger Gehalt erhalten. Vorgeworfen wird ihm eine Spende aus dem Jahr 2019 an die Rote Hilfe. Außerdem habe Meyen die Zeitung Demokratischer Widerstand unterstützt.2https://www.freie-medienakademie.de/medien-plus/137

Professoren des Instituts für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung warfen Meyen und der Zeitung vor, der Querdenken-Bewegung und der Neuen Rechten nahezustehen: „Das IfKW distanziert sich von diesen Positionen ausdrücklich. Weder das Institut insgesamt noch die anderen dort tätigen Professorinnen und Professoren vertreten diese Positionen. Die persönlichen politischen und publizistischen Aktivitäten von Prof. Dr. Meyen bedürfen keiner Zustimmung des Instituts und sind auch nicht mit diesem abgestimmt.“3https://www.ifkw.uni-muenchen.de/aktuelles/institutsnews/stellungnahme_prof_meyen_2023/index.html

Meyen erwiderte auf die Vorwürfe: „Dass ich als ‚Herausgeber‘ keinen Einfluss auf die Inhalte hatte, wollte mir der Oberlandesanwalt ebenso wenig abnehmen wie mein Motiv, den Verlegern hin und wieder Feedback zu geben, den Demokratischen Widerstand so zu verbessern und es Gegnern damit zugleich schwerer zu machen, die Argumente des Blattes zu ignorieren. Zeugen zu hören, sei überflüssig.“

Zum Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit führte Meyen aus: „Ja, ich sehe mich als Überzeugungstäter, aber nicht als Kämpfer gegen die FDGO, sondern als einer ihrer vielen Verteidiger – und zwar auf dem Feld, das ich als Wissenschaftler beackern darf.“4https://www.freie-medienakademie.de/medien-plus/137 Laut Medienberichten wurden Meyen tatsächlich die Bezüge gekürzt. Das Ergebnis des Disziplinarverfahrens sei aber noch nicht rechtskräftig, so die Süddeutsche Zeitung am 3. Mai 2024. Meyen klagt dagegen.5https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-meyen-lmu-disziplinarverfahren-klage-querdenker-zeitung-1.7249803?reduced=true

Mit Ähnlichkeiten zum Fall von Ulrike Guérot beschäftigte sich 2024 das Buch Wer stört, muss weg!.

Positionen

Propaganda-Matrix

Seine persönlichen Erfahrungen und Forschungsergebnisse im „Kampf für freie Medien“ hat Michael Meyen 2021 in seinem Buch mit dem Titel „Die Propaganda-Matrix“ gebündelt. Das Buch entstand unter Eindruck des Corona-Maßnahmenstaates. Meyen vertritt die Meinung, daß die Medienlogik des permanenten Ausnahmezustandes zu einer Herrschaft der Angst führten. Die Gefahren des Corona-Virus wurden so von Politik und Medien maßlos übertrieben. Das führte zu unverhältnismäßigen, freiheitsfeindlichen Maßnahmen.

Neben diesen aktuellen Bezügen versucht sich Meyen an einer Synthese verschiedener medientheoretischer Ansätze. Er bezieht sich auf Jacques Ellul, Michel Foucaults Diskurs- und Dispositiv-Analyse, Pierre Bourdieus Einsichten über das „journalistische Feld“ und Noam Chomskys Filtermodell. Ergänzend zu diesen Theorien beschreibt Meyen die Medien als „Arena“. „Das Wort Arena sagt: Hier wird gekämpft. Und: Es gibt Zuschauer.“6Propaganda-Matrix 2021, S. 126 Das „Arena-Modell der Öffentlichkeit“ beschreibe „ein Wechselspiel zwischen drei Ebenen. Ganz oben stehen die Leitmedien. Wer oder was hier nicht erscheint, bleibt unsichtbar. Auf den beiden Ebenen darunter aber (…) kommen wir ins Spiel. Hier stellen wir die Medienrealität auf die Probe und verändern sie dabei.“7Ebd., S. 128 Mit „wir“ meint Meyen sowohl die Zuschauer als auch alternative Medien. Im Gegensatz zu fast allen anderen Medientheoretikern denkt er also nicht nur Blogs, Youtube-Kanäle etc. mit, sondern berücksichtigt auch, daß diese alternativen Medien eine immer erfolgreichere Gegenöffentlichkeit zu den Leitmedien darstellen.

Bezugnehmend auf das Habitus-Konzept von Bourdieu führt Meyen zum journalistischen Feld aus: „Die Redaktionen der Leitmedien in Deutschland sind weiß, akademisch gebildet, urban, sehr deutsch und zumindest an der Spitze männlich und in gewisser Weise auch wohlhabend. Vor allem aber sind diese Redaktionen homogen und nicht viel anders als diejenigen, über sie sie berichten.“8Ebd., S. 185 Aus diesem Grund komme es zu Regierungsjournalismus.

Meyen zweifelt daran, daß die Medien eine „Vierte Gewalt“ sind und die anderen drei Gewalten kontrollieren. Vielmehr habe sich im Sinne Foucaults ein „Wahrheitsregime“ herausgebildet, an dem auch eine unkritische Wissenschaft mitwirke. In diesem Zusammenhang kritisiert er auch Wikipedia. Ideologische Blogger und viele, freie Journalisten nutzten die Online-Enzyklopädie, um festzuschreiben, was „wahr“ ist. „Den Kampf um die Wikipedia-Wahrheit gewinnen die, die am meisten Zeit haben, am wenigsten Skrupel oder die größten Sponsoren“, befürchtet Meyen.9Ebd., S. 59

Zusammenfassend betont Meyen schließlich: „Propaganda ist das Gegenteil von meinem Journalismusideal, das auf den mündigen Bürger setzt und darauf, dass wir in der Lage sind, selbständig zu entscheiden, wenn wir nur alle relevanten Informationen bekommen. (…) Propaganda und Zensur gehören zur gleichen Medaille. Auf der einen Seite etwas herbeiführen und auf der anderen etwas unterdrücken.“10Ebd., S. 71f

Der dressierte Nachwuchs: Was ist mit der Jugend los?

2024 widmete sich Michael Meyen in einem kurzen Essay dem dressierten, akademischen Nachwuchs. Er betont: „Die Jugend von heute, das ist meine wichtigste These, wurde eingefangen mit einer Ideologie, die Herrschaftsverhältnisse verschleiert, das Band zu den Älteren kappt und die Aufmerksamkeit auf Felder lenkt, die niemandem wehtun, der über Macht und Ressourcen verfügt und deshalb etwas verlieren würde, wenn tatsächlich alle mitreden dürften.“11Der dressierte Nachwuchs 2024, S. 13

Der „dressierte Nachwuchs“ sei „ein Produkt der Universitäten, der Metropolen und Medienstädte sowie der Verlockungen, die Staat und Bewusstseinsindustrie bieten“. Meyen differenziert dabei zwischen dem akademischen Nachwuchs, der in Zukunft „über unser aller Leben“ entscheiden dürfe, und Jugendlichen mit kürzerer Bildungslaufbahn. Seine entscheidende Pointe: „Je länger die Bildungsreise dauert, das sagt nicht nur meine Erfahrung, desto eher sind Menschen bereit, sich die Mühe zu sparen, die jedes eigene Urteil mit sich bringt, und stattdessen Vater Staat und Mutter Tagesschau zu folgen – vor allem dann, wenn sie kein Handwerk gelernt haben und folglich darauf angewiesen sind, in der Ideologieproduktion unterzukommen.“12Ebd., S. 17 Es finde somit nicht etwa eine Erziehung zur Mündigkeit, sondern zur Unmündigkeit statt.

Veröffentlichungen (Auszug):

2024: Der dressierte Nachwuchs: Was ist mit der Jugend los?

2023: Wie ich meine Uni verlor: dreißig Jahre Bildungskrieg: Bilanz eines Ostdeutschen

2021: Die Propaganda-Matrix: Der Kampf für freie Medien entscheidet über unsere Zukunft (Spiegel-Bestseller)

2018: Breaking News: Die Welt im Ausnahmezustand: Wie uns die Medien regieren

Wikipedia-Korrektur

Der Beitrag über Michael Meyen versucht das Kunststück zu erbringen, ihm zugleich rechts- als auch linksextremistisches Gedankengut nachzuweisen. Es wird dabei mit der Kontaktschuld gearbeitet. Meyen hat jedoch mehrfach klargestellt, daß er die Positionen von Personen, mit denen er spricht, nicht zwangsläufig teilen muß. Erst Diskussionsbereitschaft bringe schließlich Meinungsfreiheit. Darüber hinaus disqualifiziert Wikipedia abweichende Meinungen im Beitrag über Meyen als „Verschwörungsmythen“.

Fußnoten