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Martin Wagener, geboren am 20. Oktober 1970, ist Politikprofessor mit dem Schwerpunkt Nachrichtendienste.1https://martin-wagener.org/index.php/lebenslauf/ Am „Zentrum für Nachrichtendienstliche Aus- und Fortbildung“ (ZNAF) in Berlin erhielt er am 25. Oktober 2021 jedoch Hausverbot, weil „Anhaltspunkte für ein Verhalten des Beschäftigten zu Grunde“ liegen würden, „das sicherheitlich und ggf. auch beamtenrechtlich zu bewerten ist“, wie die Bundesregierung kryptisch mitteilte.2https://dserver.bundestag.de/btd/20/000/2000009.pdf Wagener setzt sich für den Erhalt der deutschen Kulturnation ein. Der Bundesregierung wirft er vor, an einer multikulturellen „Zwangsnation“ zu arbeiten. Bei der Durchsetzung assistiere der Verfassungsschutz und schütze damit gerade nicht die Verfassung.

Biographie

1990 machte Wagener sein Abitur am Johanneum in Lüneburg. Von 1991 bis 1997 studierte er in Göttingen Politik, Völkerrecht und Geschichte. Seine Magisterarbeit beschäftigte sich mit dem Thema: „Die China-Politik der USA nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung im Juni 1989“. Wagener erhielt im Anschluß ein Promotionsstipendium der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung. Die Promotion schloß er 2008 mit einer Arbeit zum Thema „Hegemonialer Wandel in Südostasien? Der machtpolitische Aufstieg Chinas als sicherheitsstrategische Herausforderung der USA“ ab.

Bereits seit 2001 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Internationale Beziehungen und Außenpolitik der Universität Trier. Im September 2009 trat er eine Juniorprofessur für Politikwissenschaft und speziell internationale Beziehungen an der Universität Trier an. Seit 2012 ist er Professor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Internationale Politik und Sicherheitspolitik an der Fachhochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung. Wagener war bis 2019 am Standort in Haar bei München tätig und danach in Berlin.

Forschungsreisen führten ihn unter anderem nach Taiwan, Israel, Japan, Thailand, Malaysia und in die USA.3https://martin-wagener.org/index.php/lebenslauf/

2018 erschien sein Buch Deutschlands unsichere Grenze. Plädoyer für einen neuen Schutzwall. 2021 legte er nach mit einer Arbeit über den Kulturkampf um das Volk. Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen. 

Vermutlich diese kritischen Bücher führten dazu, daß Wagener 2021 der Sicherheitsbescheid seines Dienstherrn entzogen wurde und er schließlich auch freigestellt wurde. Die NZZ faßt dies wie folgt zusammen: „Seit Oktober 2021 darf Wagener bei vollen Bezügen spazieren gehen. Lehren darf er nicht, und das Berliner Gelände seiner Hochschule darf er auch nicht betreten. Das Disziplinarverfahren läuft.“

Für das Kulturkampf-Buch erhielt Wageners Verlag aufgrund Corona einen Druckkostenzuschuß von 7.500 Euro, den der Verlag zurückzahlen soll, weil der Verfassungsschutz Wagener einen abstammungsbezogenen Volksbegriff vorwirft.

Positionen

Grenzschutz

Am 28. Januar 2025 verfaßte Wagener einen Gastkommentar für die NZZ. Darin heißt es:

„Die letzten Bundesregierungen haben auf effektive Grenzkontrollen verzichtet. Sie verwiesen auf transnationale Lösungen und rechtliche Zwänge, obwohl weder der Schutz der europäischen Aussengrenzen noch das Dublin-Verfahren funktionierten. Von 2015 bis 2024 sind in Deutschland fast 2,7 Millionen Erstanträge auf Asyl gestellt worden. Im gleichen Zeitraum kam es bis November 2024 zu 186 484 Ausschaffungen. Diese Schieflage lässt sich nur ändern, wenn Pull-Faktoren abgeschafft und rechtliche Grundlagen angepasst werden. Darüber hinaus ist die Errichtung einer umfassenden Grenzanlage notwendig.

(…)

Im Idealfall wird dazu ein gestaffeltes Sperrsystem geschaffen, das aus mehreren Annäherungshindernissen besteht. Dazu gehören Mauern und Zäune von mindestens vier Metern Höhe, bewehrt mit Nato-Stacheldraht. Auch der Einsatz von Stolperdrähten und Gräben kann Sinn haben. Die Anlage müsste von Grenztruppen mittels Überwachungstechnologie, Flutlichtmasten, Wachtürmen und Patrouillen gesichert werden. Der benötigte Umfang der Grenzschützer hängt von der Staffelung der Sicherheitsvorrichtungen ab.

(…)

Aufgrund beschränkter Ressourcen sind Schwerpunkte zu setzen. Als Erstes werden permanente Kontrollen an sämtlichen Grenzübergangsstellen etabliert; Zurückweisungen erfolgen gemäss festgelegten Kriterien. Parallel dazu wird mit dem Bau eines Sicherheitszauns an den besonders anfälligen Grenzen zu Polen, Tschechien und Österreich begonnen.“

Volk

Kritiker unterstellen Wagener, er würde einen ethnisch-abstammungsmäßigen bzw. ethnopluralistischen Volksbegriff verwenden, der in Konflikt zur Menschenwürde des Grundgesetzes stehe. Das ist falsch. Wagener nimmt vielmehr eine Differenzierung zwischen einem rechtlichen Volksbegriff vor, der sich aus der Staatsbürgerschaft ergibt, und einem sozialwissenschaftlichen Volksbegriff, der auch auf die „Ich-Identität“ der jeweiligen Person Rücksicht nimmt. Es sei bekannt, daß sich viele deutsche Staatsbürger weiterhin als Türken oder Polen fühlen.

„Ein Mensch kann sich zum deutschen Volk zugehörig fühlen, ein anderer zum türkischen. Besitzen beide die deutsche Staatsbürgerschaft, sind sie in diesem Sinne Deutsche. Die Zuständigkeit des Grundgesetzes endet allerdings dort, wo es darum geht, die nationale Identität der Staatsbürger zu erörtern.“4Martin Wagener: Kulturkampf um das Volk. Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen. 2. Aufl., Reinbek 2024. S. 106

Zur Abstammung schreibt Wagener:

„Der einzelne Mensch kann sich ändern, nicht aber seine Vorfahren. Jemand, der in Afrika geboren, aber in Deutschland aufgewachsen ist, kann sich im Selbstbild als Deutscher fühlen; aufgrund seiner Hautfarbe wird er im Fremdbild aber weiter von vielen Menschen als Afrikaner eingeordnet werden. Wenn also Identität ‚als Selbst erlebte innere Einheit der Person‘ begriffen wird, ist diese angegriffen, sobald Selbst- und Fremdbild auseinanderfallen. Für einen Deutschen kann dies allerdings auch heißen, dass er sich in dem Moment, in dem er einen Menschen aus Afrika als Teil seines eigenen Wir-Gefühls verstehen soll, in seiner Ich-Identität in Frage gestellt sieht.“5Ebd., S. 74 

Zudem stellt Wagener fest: „Je homogener eine Gesellschaft ist, desto friedlicher ist sie.“ Das beziehe sich auf mehrere Dimensionen: die „sozialen Lebensverhältnisse“, finanzielle Aspekte sowie „politisch-ideologische Differenzen“.6Ebd., S. 75

Zum Ethnopluralismus führt Wagener aus, daß er diese Position, die von Publizisten wie Martin Lichtmesz sowie Aktivisten der Identitären Bewegung um Martin Sellner vertreten wird, „schwerlich als rechtsextrem“ einordnen könne.7Ebd., S. 223 Wagener bezeichnet sich also keineswegs als „Ethnopluralist“. Er macht vielmehr deutlich, daß diese Position im politischen Spektrum verfassungskonform sei.

Kulturnation, Willensnation, Zwangsnation

Wagener kritisiert den Umbau Deutschlands von einer Kulturnation zu einer multikulturellen „Willensnation“. Ob das Volk mit diesem Umbau einverstanden ist, habe die politische Elite nicht in Erfahrung gebracht, weil eine Ablehnung gewiß gewesen wäre. Somit könne man aber streng genommen nicht mehr von einer Willensnation sprechen, sondern müsse dieses Gebilde als „Zwangsnation“ einordnen.

Als Nachteile von Willensnationen wie den USA sieht Wagener den wesentlich größeren Integrationsbedarf. „Wenn Menschen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Glaubens primär über gemeinsame Werte zusammengehalten werden, steht der Staat in der Pflicht, diese Werte kontinuierlich in ihrer Strahl- und Bindungskraft zu stärken“, so Wagener, der bezweifelt, daß die politisch-mediale Elite der Bundesrepublik Deutschland dieser Aufgabe bisher genügend nachgekommen ist. „Eine solche Gesellschaft“ sei darüber hinaus „ökonomisch geradezu zum Erfolg verdammt“.8Ebd., S. 88

„Die Geschichte hat gezeigt, dass künstlich gezeugte Nationen ohne kulturellen Tiefenbezug nach einer bestimmten Zeit vergehen.“9Ebd., S. 102

Wagener vertritt die Meinung, daß auch der Aufbau einer europäischen Willensnation bereits gescheitert sei. Den Brexit und die Ablehnung des EU-Verfassungsvertrags in den Niederlanden und in Frankreich führt er als Beleg für diese These an.10Ebd.

Verfassungsschutz, liberaler und administrativer Extremismus

Dem Verfassungsschutz wirft Wagener vor, der Regierung nach dem Munde zu reden. In der Fachliteratur werde dieses Phänomen als „intelligence to please“ diskutiert. In den 1980er-Jahren habe es Bitten aus dem Bundesinnenministerium gegeben, verfassungsfeindliche Aussagen der Grünen zu sammeln und diese neue Konkurrenz zu schädigen. Vor diesem Hintergrund lasse sich das Agieren des Verfassungsschutzes gegen die AfD besser verstehen.11Ebd., S. 155ff

Wagener widerspricht darüber hinaus der vom Verfassungsschutz vorgenommenen Einteilung von extremistischen Phänomenbereichen (Rechtsextremismus, Linksextremismus, Islamismus, Ausländerextremismus). Er meint, daß es auch „liberalen Extremismus“ sowie „administrativen Extremismus“ geben könne.

Liberaler Extremismus liege vor, wenn es zu einer „Überstrapazieren liberaler Ideen“ komme, die „auf Kosten der Sicherheit des Staates“ gehen. Der Gedanke der Freiheit könne im Extremfall die politische Ordnung gefährden. „Insofern müssen Nichtregierungsorganisationen, die für eine Masseneinwanderung ad infinitum plädieren, als politisch extremistisch und in der Konsequenz ihres Handelns als verfassungsfeindlich eingeordnet werden. Dies gilt auch für radikale Pazifisten, die sich für eine Abschaffung der Bundeswehr einsetzen“, so Wagener.12Ebd., S. 238

In Betracht zu ziehen sei auch, daß nicht nur die parlamentarische wie außerparlamentarische Opposition „verfassungsfeindliche Positionen“ vertreten könne, sondern auch Mitglieder der Regierung, was ungleich schwerwiegender ist, da diese Personen ihre extremistische Gesinnung direkt in die Tat umsetzen können.13Ebd., S. 238f

„Administrativer Extremismus“ liegt Wagener zufolge vor, wenn „in der Bundes- oder Landesregierung bzw. ihrer Beamtenschaft Menschen mit einer nachgewiesenen und sehr ausgeprägten verfassungsfeindlichen Haltung ein Amt bekleiden oder eine Anstellung finden“.

„Der administrative Extremismus ist auch dort zu beobachten, wo das Führungspersonal von Ministerien oder Behörden gezielt Verstöße gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vornimmt, weil es kurz- und mittelfristig keine Veto-Spieler fürchten muss.“14Ebd., S. 240f

Um den Verfassungsschutz zu reformieren, schlägt Wagener vor, nur Präsidenten und Vizepräsidenten zu ernennen, „die seit mindestens zehn Jahren kein Parteibuch haben und die auch nicht durch parteipolitische Tätigkeiten anderer Natur aufgefallen sind“. Die jeweiligen Personalvorschläge sollten seiner Meinung nach die Parlamente mit Zwei-Drittel-Mehrheit abstimmen.15Ebd., S. 295

Veröffentlichungen (Auszug)

2021: Kulturkampf um das Volk. Der Verfassungsschutz und die nationale Identität der Deutschen

2018: Deutschlands unsichere Grenze. Plädoyer für einen neuen Schutzwall

2009: Hegemonialer Wandel in Südostasien? Der machtpolitische Aufstieg Chinas als sicherheitsstrategische Herausforderung der USA

Wikipedia-Korrektur

Der Wikipedia-Beitrag über Wagener enthält ausschließlich Vorwürfe seiner Kritiker, ohne diese Vorwürfe anhand der Publikationen von Wagener selbst zu überprüfen. Somit werden die Primärquellen ausgeblendet, während den Sekundärquellen voreingenommen Glauben geschenkt wird.

Fußnoten